
Wadenwickel gegen Fieber oder Zwiebel gegen Ohrenschmerzen: In vielen Familien sind Hausmittel von Generation zu Generation überliefert worden. Und obwohl es heute für die meisten Wehwehchen Medikamente gibt, machen viele Eltern die Erfahrung, dass Omas Tipps ebenso gut wirken. Nachgewiesen mag das im Einzelnen nicht sein - erklären können Experten das Phänomen trotzdem.
"Grundsätzlich sind Hausmittel praktisch nicht erforscht", sagt Rainer Stange, Internist und Experte für Naturheilverfahren. Dass es funktioniert, hat aber ohnehin nicht nur mit den einzelnen Wirkstoffen zu tun. Die Kinder spüren die Zuwendung der Eltern, erklärt der Kinderarzt Hermann Josef Kahl. "Der psychologische Effekt solcher Maßnahmen ist nicht zu unterschätzen."
Insofern spricht nichts dagegen, manche Symptome erst einmal mit Hausmitteln zu behandeln. Wann sich besser ein Arzt das Kind anschaut - dafür haben Eltern meist ein Gefühl. "Man kann als Eltern einschätzen, wenn das Kind ungewöhnlich anders ist als sonst: grauer, träger oder weinerlicher", sagt der Kinder- und Jugendarzt Andreas Volbracht. Fühlen sich die Eltern in Bezug auf ihr Kind unwohl, sollten sie ihrem Instinkt vertrauen. "Das ist ganz gut untersucht, dass die Sorge der Eltern mit der Schwere der Erkrankung übereinstimmt", sagt er.
Für leichte Beschwerden stehen eine ganze Reihe von Mitteln zur Verfügung, die sich in fast jedem Familienhaushalt finden. Ein Überblick:
Fieber
Kahl empfiehlt, Fieber erst ab 39,5 Grad zu senken. "Fieber hat eine stimulierende Wirkung auf das Immunsystem." Nur wenn Kinder schon einmal einen Fieberkrampf hatten, müssen Eltern gleich handeln. Versuchen kann man es erst einmal mit Wadenwickeln: Ein in Wasser getauchtes und ausgewrungenes dünnes Tuch kommt um den Unterschenkel und wird mit einem Handtuch noch einmal verpackt. Das Wasser sollte nicht zu kalt sein, sagt die Hebamme Andrea Hagen-Herpay. "Einfach kühles, handkaltes Wasser, was mich nicht selbst erschreckt, wenn ich meine Hand reinhalte." Hält das Fieber über drei Tage an, verschlechtert sich der Zustand oder handelt es sich um einen Säugling, müssen Eltern das Kind zum Arzt bringen.
Husten
Zwiebelsirup sei sein Lieblings-Hausmittel, sagt Volbracht. Dazu ein bis zwei geschälte und gewürfelte Zwiebeln mit ein paar Löffeln Zucker oder Honig in ein leeres Marmeladenglas gegeben. Nach mindestens zwei Stunden die Stücke heraussieben, übrig bleibt der Zwiebelsirup. Ihn kann man mit Wasser verdünnen. Kinder mit Husten können mehrmals täglich ein bis zwei Esslöffel einnehmen. "Es bewirkt eine Muskelentspannung an der Bronchialmuskulatur. Das löst die muskuläre Verkrampfung der Atemwege auf", so Volbracht.
Ohrenschmerzen
Die Zwiebel leistet auch bei leichten Ohrenschmerzen gute Dienste. Dafür die Zwiebelstückchen in einen Teebeutel geben und vor das Ohr legen. "Das nimmt so ein bisschen den Spannungsschmerz vom Trommelfell", sagt Volbracht. Lassen die Schmerzen nicht nach oder kommt hohes Fieber hinzu, ist ein Arztbesuch ratsam.
Schnupfen
Statt abschwellenden Nasentropfen hilft Kindern mit verstopfter Nase manchmal auch eine einfache Kochsalzlösung. Wer die nicht selbst herstellen möchte, kann fertige Ampullen in der Apotheke kaufen. Hebamme Hagen-Herpay träufelt bereits bei verschnupften Säuglingen ein Tröpfchen in die Nase. Das kühlt und befeuchtet.
Bauchweh
Kinder lösen viele Probleme über den Bauch, sagt Hagen-Herpay. Bauchweh gehen daher nicht immer auf ein Problem im Bauch zurück. Eine leichte Massage sowie Wärmeflasche oder Kirschkernkissen wirken meist beruhigend. Bauchschmerzen mit Fieber sind dagegen ein Fall für den Arzt. Bei einem Magen-Darm-Infekt ist es vor allem wichtig, mit viel Trinken den Flüssigkeitsverlust auszugleichen. Eine Elektrolytlösung können Eltern selbst herstellen, indem sie in den Lieblingstee des Kindes Traubenzucker und eine Prise Salz geben. "Größere Kinder akzeptieren auch schon einmal schwarzen Tee", sagt Kahl. "Der hat eine heilende Wirkung auf die entzündete Darmschleimhaut."
Wunden und Quetschungen
"Bei Entzündungen, Stauchungen und Quetschungen, bei harmlosen Insektenstichen - immer, wenn in den Weichteilen Hitze ist und Schmerz, ist Topfen gut", sagt Stange. Am besten schön kalt aus dem Kühlschrank, wird er direkt auf die schmerzende Stelle aufgetragen. Die Wirkung ähnelt einem Kühlpack. "Nur dass der Kontakt noch besser ist, er kommt gut an die Haut ran, ist sehr gut anmodellierbar und haftet auch gut." Oberflächliche Schürfwunden dagegen nur reinigen. "Einfach Wasser drüberlaufen lassen, dass der Dreck weg ist, und dann die Wunde trocken abheilen lassen", rät Kahl.
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