Angehörige oder Freunde sind depressiv – Was soll und kann ich tun?

Wer kennt sie nicht, die Tage, in denen uns das Leben mut- und antriebslos zurück lässt. Meist gibt es dafür einen triftigen Grund und so eine depressive Verstimmung geht vorüber. Eine Depression hingegen legt sich schwer auf die Seele, die Betroffenen sind andauernd innerlich leer, kraftlos und ohne Perspektive. Angehörige und Freunde wollen helfen, fühlen sich aber ohnmächtig und sind selbst dem Verzweifeln nahe. Aufforderungen wie „Reiß dich ein bisserl zusammen“ oder „Komm, raff dich endlich auf und geh mit uns spazieren“ fruchten nichts, im Gegenteil, manch Depressive fühlen sich dann auch noch „unverstanden und willensschwach“.

Jeder fünfte Österreicher erleidet in seinem Leben eine Depression, ein Drittel davon erkranken an einer saisonal abhängigen Depression (SAD). Für das Jahr 2030 setzt die WHO die Depression auf Platz zwei der größten Gesundheitsprobleme. Partner und Freunde können Depressiven keine Therapie ersparen, aber sie können diese durch richtiges Verhalten unterstützen:

  • Die Krankheit anerkennen: Die Depression weder als Spleen abtun noch durch gutgemeinte Tipps selbst therapieren wollen. Psychische Erkrankungen brauchen professionelle ärztliche und psychotherapeutische Hilfe. Ermutigen Sie den Angehörigen/Freund zum ersten Schritt, sich professionelle Hilfe zu holen. Wenn er mag, begleiten Sie ihn dorthin.
  • Sich selbst informieren: Holen Sie sich selbst Information und reden Sie mit dem Arzt, welche Wesensveränderungen und Symptome zum Krankheitsbild des Angehörigen gehören. Zurückweisung und/oder Aggression können Ausdruck der Depression sein und sind nicht persönlich zu nehmen. Nehmen Sie die Einladung des Therapeuten zu gemeinsamen Gesprächen mit dem Betroffenen und Ihnen als Angehörigen an, fragen Sie, welches Verhalten hilfreich ist und welches die Heilung erschwert.
  • Sanfte Motivation: Den Depressiven beim Erledigen der Aufgaben des Alltags unterstützen, wenn er selbst dazu nicht mehr alleine fähig ist. Die Aktivierung ist Teil der Behandlung. Ihm nicht dauerhaft alles abnehmen. Behutsam zu kleinen Aktivitäten ermuntern. Das kann helfen von dunklen Gedanken und ewiger Grübelei wegzukommen. Wenn möglich, sich über den Grad der Motivation mit dem Therapeuten/Arzt besprechen. Das richtige Maß zwischen Aktivierung und Überforderung ist eine Gratwanderung. Partner dürfen vom Depressiven auch nicht erwarten, dass er ihre Bedürfnisse erkennt und erfüllt, auch im Bereich des Intimlebens.
  • Darauf achten, dass der Patient seine Medikamente regelmäßig einnimmt.
  • Worte sind mächtig: Aus Unwissen, Ungeduld und Gutmeinen wählen Angehörige oder Freunde oft falsche Worte und geben mitunter schädliche Tipps. Floskeln wie „Kopf hoch, das wird schon wieder“, „Stell dich nicht so an“ oder „Lach doch mal“ sein lassen. Versuchen, konstruktiv zu reagieren, statt vorwurfsvoll. Dem Betroffen immer wieder auch klar machen, dass die Depression keine Schwäche ist, sondern eben eine Krankheit, die man gut behandeln kann und dass sie zu ihm stehen und ihn unterstützen wollen. 
  • Das Umfeld aufklären: Der Depressive zieht sich oft zurück und die Erkrankung beeinträchtigt den Kontakt zur Umwelt. Mit dem Betroffenen besprechen, wer über die Depression bescheid wissen soll. Auch Kindern kann man erklären, dass ein Elternteil krank ist und sich deshalb anders verhält.
  • Selbstmordgedanken ernst nehmen: Äußert der Kranke Selbstmordabsichten, sind diese immer ein Zeichen dafür, dass der Schwermütige in arger Not ist. Ihm zuhören und ermuntern, diese Gedanken mit dem Arzt/Therapeuten zu besprechen. Wenn man mit der Situation nicht zurechtkommt, selbst beim Arzt/Therapeuten anrufen und sich Hilfe holen. 
  • Sich die eigenen Gefühle erlauben: Wenn ein Angehöriger depressiv ist, kann man auch selbst eine Gefühlsachterbahn von Traurigkeit, Wut, Frustration, Verzweiflung etc. durchlaufen. All das darf sein. Seien Sie nicht zu streng mit sich, wenn sie nicht immer perfekt reagieren. Geben Sie dem Kranken aber nicht die Schuld an ihren Gefühlen. Teilen Sie ihre Sorgen mit Freunden, überlegen Sie, ob Sie sich selbst therapeutisch begleiten lassen wollen. 
  • Tun Sie sich selbst Gutes: Das Zusammenleben mit einem depressiven Menschen kann viel Kraft kosten und die Niedergeschlagenheit auf die eigene Lebensfreude und Stimmung drücken. Bis zur Heilung der Depression können Monate, ja Jahre vergehen. Die Grenzen der eigenen Belastbarkeit erkennen und ernst nehmen. So gut es geht Unterstützung annehmen und sich Freiräume schaffen für eigene Hobbies, das Treffen mit Freunden und unbeschwerte Aktivitäten. Sie haben ein Recht auf Ihre Glücksmomente und fröhliche Stimmung.
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