Nicht so verbissen: Das hilft gegen Zähneknirschen

Zähne zusammenbeißen und durch! In bestimmten Lebenslagen ist das ein guter Ratschlag. Auf Dauer kann diese Art der Stressbewältigung jedoch zum Problem werden und zu Kopfschmerzen, Kieferverspannungen und kaputten Zähnen führen. Deshalb ist es wichtig, Bruxismus so früh wie möglich zu erkennen. Bruxismus umfasst sowohl das Zähneknirschen und Aufeinanderpressen von Zähnen als auch Formen der Kieferanspannung ohne Zahnkontakt. Bruxismus kann im Schlaf auftreten und im Wachzustand. Etwa 20 Prozent der Bevölkerung sind betroffen. Auch wenn Ursachen noch nicht eindeutig zu bestimmen sind, sind Faktoren bekannt, welche Bruxismus begünstigen: Dazu zählen Stress, Schlafstörungen, genetische Einflüsse, Medikamente sowie bestimmte stimulierende Substanzen wie Nikotin, Alkohol und andere Drogen. In Verbindung mit Schlafapnoe, also Atemaussetzern im Schlaf, und damit zusammenhängendem Sodbrennen tritt das Phänomen ebenfalls auf. In diesem Fall ist der Bruxismus aber sogar positiv. Das Zähnepressen führe im Schlaf nämlich dazu, dass die oberen Atemwege sich anspannen, wodurch das Atmen erleichtert wird. Außerdem wird durch die Aktivität Speichel produziert, der Magensäure verdünnt. In der Physiotherapie gibt es noch die Theorie, dass eine Fehlstellung des Beckens Verspannungen bis in den Kopfbereich auslösen kann. Etwa 80 Prozent meiner Patienten mit Kieferverspannungen haben einen Beckenschiefstand. Wenn ich das mitbehandele, kann ich oftmals schon einen großen Faktor für die Verspannungen ausschalten. Natürlich ist das nie der einzige Auslöser. Bestimmte Entspannungsverfahren können dabei helfen, Anspannungen zu lösen und besser mit Stress umzugehen. So gibt es Kurse für Autogenes Training nach Schultz und Progressive Relaxation nach Jacobsen, die auch als Progressive Muskelentspannung bekannt ist. In diesen Kursen werden auch spezielle Übungen angeboten, um den Bruxismus zu lindern. Konkret läuft das so ab: Beim Autogenen Training werden bestimmte Formeln in die Übungen eingebunden, die man sich gedanklich vorsagt. Durch mehrmaliges Wiederholen entspannen sich Kiefer und Kaumuskeln. Bei der Progressiven Relaxation werden dagegen zuerst die Kaumuskeln angespannt. Nach einer kurzen Zeit wird losgelassen. Zuletzt richtet man die Aufmerksamkeit ganz auf den entspannten Muskel und nimmt ihn im Kontrast zur Anspannung wahr. Die Teilnehmenden würden so nach einigen Übungswochen merken, dass ihr Zähneknirschen ausbleibt, und zwar sowohl im Wachzustand als auch beim Schlafen. Beide Methoden können von jedem Menschen erlernt werden. Experten empfehlen zuerst die Progressive Relaxation und bei Bedarf zusätzlich das Autogene Training. Auf jeden Fall ist es wichtig, dranzubleiben und nicht nach den ersten Erfolgen zu denken, dass man schon am Ziel angekommen ist. Wer im wachen Zustand mit den Zähnen knirscht, kann sich mit Hilfe farbiger Punkte stetig daran erinnern, den Kiefer zu entspannen. Man klebt sie an Gegenstände in der eigenen Umgebung und immer, wenn man einen solchen Punkt sieht, kontrolliert man seine Zahnstellung. Für die Entspannung der Kiefermuskulatur empfehlen Experten einen Tennisball zur Hilfe zu nehmen. Der wird etwa eine Minute fest auf den Musculus masseter gepresst, also den Bereich an der Wange vor dem Ohr, der weh tut. Das darf auch schmerzen. Meist ist der Muskel danach wieder entspannt oder man wiederholt das Verfahren an ein bis zwei anderen schmerzenden Punkten. Auch den Kiefer nach vorne zu schieben und dann zu entspannen, könne helfen. Beim Bruxismus im Schlaf ist eine Schiene empfehlenswert. Sie soll vor allem die Zähne schützen. Sie kann aber auch helfen, weniger zu knirschen, wenn noch kein Gewöhnungseffekt eingesetzt hat. Erster Ansprechpartner ist in jedem Fall der Zahnarzt. Der kann feststellen, wie stark der Bruxismus ausgeprägt ist und an weitere Experten aus Psychologie und Physiotherapie verweisen.